Ringvorlesung: Perspektiven für Geisteswissenschaftler
Wie sieht
eigentlich die Arbeit eines Umfrageforschers aus? Einen intensiven Einblick dieses
Berufsfeldes gab Dr. Thomas Petersen, ein führender Kommunikationswissenschaftler
und Meinungsforscher, der als Projektleiter am Institut für Demoskopie
Allensbach tätig ist, am vergangenen Donnerstag seiner Zuhörerschaft. Für diejenigen, die nicht dabei sein konnten, hier nun ein kleiner Rückblick.
Dr. Thomas Petersen |
CV 2.0
Dr. Thomas Petersen, Projektleiter beim Institut für Demoskopie Allensbach
Studiert habe ich,…
Publizistik, alte Geschichte und Vor- und Frühgeschichte in Mainz.
Als Kind war mein Traumberuf,…
erst Lokführer und dann Journalist.
Mein schrägster Nebenjob war,…
Museumsaufsicht und Postkartenverkäufer in einem Heimatmuseum in Hamburg.
Ich lebe nach dem Motto,..
aus Scheiße mach Bonbons (nach einer Geschichte, die mir passierte).
In zehn Jahren möchte ich,…
Inhaber des Lehrstuhls für Empirische Sozialforschung an der Uni Würzburg sein.
„Wo eine
Demokratie ist, da gibt es auch Umfragen“, meint Dr. Petersen, und so begann
das Institut, bereits 1947 gegründet von Dr. Elisabeth Noelle-Neumann, repräsentative
Umfragen durchzuführen. Das Institut, mit Sitz in Allensbach am Bodensee,
finanziere sich durch Auftragsforschung, sei aber nicht auf Wachstum angelegt,
denn die wissenschaftlichen Kriterien hätten Vorrang vor dem Gewinnstreben, so
Petersen. Eine ungeschriebene Regel besage, so Dr. Petersen, dass nicht mehr
als 100 festangestellte Mitarbeiter im Institut beschäftigt sein sollten,
dadurch kenne jeder jeden. Mit rund 1.600 Interviewern besitzt es eine der
größten Feldorganisationen für Face-to-Face-Interviews in Deutschland.
„Die Welt ist voller falscher
Annahmen über die Gesellschaft. Das Einleuchtende ist nicht immer das
Richtige“. So verweist Dr. Petersen auf die Bedeutung der Umfrageforschung. Er
folgert weiter: „Gesunder Menschenverstand führt bei sozialwissenschaftlichen
Fragen (leider) zu Irrtümern“. Deswegen zwängen uns Umfragen, aus eingefahrenen
Bahnen rauszugehen, da wir Gefangene unserer eigenen Voreingenommenheit seien.
Deshalb ist Petersen der Ansicht: „Wir lernen durch Umfragen.“ Als Beispiel
dafür führt er an, dass entgegen der üblichen Meinung Politikverdrossenheit im
Wahlkampf tatsächlich sinkt, statt steigt. Als Petersen auf die jüngeren
Entwicklungen in der Umfrageforschung zu sprechen kam, wies er auf das Problem
hin, dass die Bevölkerung immer weniger bereit für Umfragen sei, da Betrüger
den Ruf selbiger beschmutzen würden. Ebenfalls sinke dadurch die Qualität der
Telefonumfragen, während Online-Umfragen einen Boom erleben würden.
Im Vortrag lüftete Herr Dr.
Petersen ebenfalls das Geheimnis des „Prinzips der Indikator-Frage“ und deutete
auf den spannenden Aspekt der „Verringerung kognitiver Dissonanz“ hin, was er auch
als eine Art „schön saufen“ bezeichnete, womit er die Zuhörer zum Staunen
brachte.
Die Bandbreite der Tätigkeit des
Instituts ist groß. Sie reicht von der Sozialforschung, über Gesellschaftspolitische-Forschung,
weiter zu Mediaforschung bis hin zu Marktforschung. Beispielsweise gibt es Aufträge
von der Bertelsmann-Stiftung zur Wahlforschung, aber auch welche zur Waschmittelmarktforschung.
Die Massenmedien stellen den größten Auftraggeber dar meint Petersen und bilden
somit das finanzielle Rückgrat. Einer der ersten Auftragsgeber des Instituts
war übrigens Ludwig Erhard. Forschungsmethoden des Instituts nennt Petersen
einige: Face-to-Face- Befragungen, Panel-Befragungen, Telefonbefragungen,
Onlinebefragungen und weitere werden eingesetzt. Somit werden sowohl
qualitative als auch quantitative Forschungen durchgeführt.
„Je flexibler Sie sind, umso
besser“, so Petersen, als es um die Bewerbung für ein Praktikum am Allensbacher
Institut geht. Wer Interesse an einem Praktikum habe, solle sich für einen
Zeitraum von mindestens 6 Wochen, bestenfalls unter dem Semester, bei Herrn
Süßlin bewerben.
„Es hat sich so ergeben.“ Dr.
Thomas Petersen selbst, stolperte laut eigenen Angaben in das Institut, jedoch
stellte sich dann heraus, dass er ein Talent für die Umfrageforschung hat. Die
Fachbereiche aus welchen die Mitarbeiter des Instituts kommen ist groß:
Historiker, Germanisten, Chemiker, Musikwissenschaftler aber auch empirische
Sozialwissenschaftler sind am Institut beschäftigt. Petersen meint, dass das
Fach fast egal sei, wichtig sei dennoch ein gewisses empirisches Talent - ein
empirisches Denken. Besondere IT-Kenntnisse sind zwar nicht erforderlich,
jedoch meint Petersen, dass man in diesem Beruf mit Mathematik nicht auf dem
Kriegsfuß stehen sollte. Ein gewisses Gespür für Zahlen sollte man schon mitbringen.
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