Sonntag, 18. Mai 2014

Erforschen was andere denken – Das Berufsfeld der Umfrageforschung beim Allensbacher Institut

Ringvorlesung: Perspektiven für Geisteswissenschaftler


Wie sieht eigentlich die Arbeit eines Umfrageforschers aus? Einen intensiven Einblick dieses Berufsfeldes gab Dr. Thomas Petersen, ein führender Kommunikationswissenschaftler und Meinungsforscher, der als Projektleiter am Institut für Demoskopie Allensbach tätig ist, am vergangenen Donnerstag seiner Zuhörerschaft. Für diejenigen, die nicht dabei sein konnten, hier nun ein kleiner Rückblick.

 Dr. Thomas Petersen
CV 2.0
Dr. Thomas Petersen, Projektleiter beim Institut für Demoskopie Allensbach

Studiert habe ich,…
Publizistik, alte Geschichte und Vor- und Frühgeschichte in Mainz.

Als Kind war mein Traumberuf,…
erst Lokführer und dann Journalist.

Mein schrägster Nebenjob war,…
Museumsaufsicht und Postkartenverkäufer in einem Heimatmuseum in Hamburg.

Ich lebe nach dem Motto,..
aus Scheiße mach Bonbons (nach einer Geschichte, die mir passierte).

In zehn Jahren möchte ich,…
Inhaber des Lehrstuhls für Empirische Sozialforschung an der Uni Würzburg sein. 


„Wo eine Demokratie ist, da gibt es auch Umfragen“, meint Dr. Petersen, und so begann das Institut, bereits 1947 gegründet von Dr. Elisabeth Noelle-Neumann, repräsentative Umfragen durchzuführen. Das Institut, mit Sitz in Allensbach am Bodensee, finanziere sich durch Auftragsforschung, sei aber nicht auf Wachstum angelegt, denn die wissenschaftlichen Kriterien hätten Vorrang vor dem Gewinnstreben, so Petersen. Eine ungeschriebene Regel besage, so Dr. Petersen, dass nicht mehr als 100 festangestellte Mitarbeiter im Institut beschäftigt sein sollten, dadurch kenne jeder jeden. Mit rund 1.600 Interviewern besitzt es eine der größten Feldorganisationen für Face-to-Face-Interviews in Deutschland.

„Die Welt ist voller falscher Annahmen über die Gesellschaft. Das Einleuchtende ist nicht immer das Richtige“. So verweist Dr. Petersen auf die Bedeutung der Umfrageforschung. Er folgert weiter: „Gesunder Menschenverstand führt bei sozialwissenschaftlichen Fragen (leider) zu Irrtümern“. Deswegen zwängen uns Umfragen, aus eingefahrenen Bahnen rauszugehen, da wir Gefangene unserer eigenen Voreingenommenheit seien. Deshalb ist Petersen der Ansicht: „Wir lernen durch Umfragen.“ Als Beispiel dafür führt er an, dass entgegen der üblichen Meinung Politikverdrossenheit im Wahlkampf tatsächlich sinkt, statt steigt. Als Petersen auf die jüngeren Entwicklungen in der Umfrageforschung zu sprechen kam, wies er auf das Problem hin, dass die Bevölkerung immer weniger bereit für Umfragen sei, da Betrüger den Ruf selbiger beschmutzen würden. Ebenfalls sinke dadurch die Qualität der Telefonumfragen, während Online-Umfragen einen Boom erleben würden.
Im Vortrag lüftete Herr Dr. Petersen ebenfalls das Geheimnis des „Prinzips der Indikator-Frage“ und deutete auf den spannenden Aspekt der „Verringerung kognitiver Dissonanz“ hin, was er auch als eine Art „schön saufen“ bezeichnete, womit er die Zuhörer zum Staunen brachte.

Die Bandbreite der Tätigkeit des Instituts ist groß. Sie reicht von der Sozialforschung, über Gesellschaftspolitische-Forschung, weiter zu Mediaforschung bis hin zu Marktforschung. Beispielsweise gibt es Aufträge von der Bertelsmann-Stiftung zur Wahlforschung, aber auch welche zur Waschmittelmarktforschung. Die Massenmedien stellen den größten Auftraggeber dar meint Petersen und bilden somit das finanzielle Rückgrat. Einer der ersten Auftragsgeber des Instituts war übrigens Ludwig Erhard. Forschungsmethoden des Instituts nennt Petersen einige: Face-to-Face- Befragungen, Panel-Befragungen, Telefonbefragungen, Onlinebefragungen und weitere werden eingesetzt. Somit werden sowohl qualitative als auch quantitative Forschungen durchgeführt.

„Je flexibler Sie sind, umso besser“, so Petersen, als es um die Bewerbung für ein Praktikum am Allensbacher Institut geht. Wer Interesse an einem Praktikum habe, solle sich für einen Zeitraum von mindestens 6 Wochen, bestenfalls unter dem Semester, bei Herrn Süßlin bewerben.
„Es hat sich so ergeben.“ Dr. Thomas Petersen selbst, stolperte laut eigenen Angaben in das Institut, jedoch stellte sich dann heraus, dass er ein Talent für die Umfrageforschung hat. Die Fachbereiche aus welchen die Mitarbeiter des Instituts kommen ist groß: Historiker, Germanisten, Chemiker, Musikwissenschaftler aber auch empirische Sozialwissenschaftler sind am Institut beschäftigt. Petersen meint, dass das Fach fast egal sei, wichtig sei dennoch ein gewisses empirisches Talent - ein empirisches Denken. Besondere IT-Kenntnisse sind zwar nicht erforderlich, jedoch meint Petersen, dass man in diesem Beruf mit Mathematik nicht auf dem Kriegsfuß stehen sollte. Ein gewisses Gespür für Zahlen sollte man schon mitbringen.

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